79. Der Drache am Hirschensprung

Weil die Rheinebene seiner Zeit viel überschwemmt wurde, zieht sich die Landstraße in den Engpaß zwischen Blosen- und Blattenberg hinein. Ein Hirsch soll einst die Kluft, um seinen Verfolgern zu entrinnen, übersprungen haben, woher sie den Namen Hirschensprung erhalten hätte.

Hier hauste einst ein scheußlicher Drache, der alles Lebende erschreckte und gefährdete. Die Bauern wußten sich endlich denselben vom Halse zu schaffen. Sie machten eine Pflugschar glühend, gingen dem Untier entgegen, warfen sie ihm in den Rachen - wupp war sie verschlungen, und der Unersättliche starb nach einem kurzen Todeskampf.
Mündlich

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Der Drache ist noch vorhanden; aber er ist zu Stein geworden. Seinen Kopf und seinen schaurigen Rachen sieht man aus der Oberrieter Blattenwand hervorgucken; die Schwanzspitze aber reicht bis zum Hirschensprung hinüber. Er scheint sich also im Todeskampf noch gründlich gewendet zu haben.
D. Gächter

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 70, S. 36
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, April 2005.