205. Der besiegte Schwarzkünstler, 1799

Als die Franzosen in ihren Kämpfen gegen die Russen und Österreicher durch die Schweiz zogen, hatte auch Vältis viel Ungemach zu erdulden. Ein Bataillon Franzosen drängte die Österreicher über den Kunkels zurück. Der französische Anführer ritt auf einem Schimmel mitten in den größten Kugelregen hinein. Keine Kugel konnte ihn verletzen; denn er war stich- und kugelfest. So trieb er die Österreicher vor sich her bis auf die Höhe des Passes; dort hielten sie stand. Der Franzose sprengte vor und ritt spöttisch der österreichischen Heeresabteilung entlang hinunter. Ein neuer Kugelregen konnte ihm keinen Schaden zufügen. In der Verzweiflung rief der Anführer der Österreicher: "Ist keiner hier, der den Kerl herunterbringt?" Aus seinen Scharen trat ein Tiroler hervor und erklärte: "Das kann ich!" Er legte an, drückte los, und der Getroffene fiel rücklings vom Pferde herunter.

Der Tiroler war ein "Weißkünstler" und hatte eine silberne Kugel gebraucht und so den Schwarzkünstler besiegt.
L. Jäger

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 205, S. 99
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, Juni 2005.