319. Wie man zu einer Frau kommt

Hat man Gelegenheit, dem Schr ä ttlig etwas nachzuwerfen, so muß er bleiben. Ein junger Bursche tat das und schloß hierauf das Fenster, durch welches der Schr ä ttlig gekommen war. Er suchte ihn auf dem Boden; da lag aber nur ein Strohhalm. Der Bursche hob diesen auf, um ihn zu zerbrechen und zum Fenster hinauszuwerfen. Da ward aus dem Strohhalm ein schönes Mädchen. Der Bursche fand Gefallen an ihm und nahm es unbedenklich zur Frau. Er mußte aber stets das Fenster, durch welches seine Ehegattin gekommen war, geschlossen halten; sie konnte nur durch dieses entfliehen. Der Mann glaubte, die Kinder werden die Mutter an das Haus binden; aber da irrte er sich. Wie er einst das Fenster öffnete, floh sie fort und kam nicht wieder.

A. Sprenger

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 319, S. 178f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, September 2005.