389.
Der starke Zahner.

Alte Leute wissen noch viel von dem starken Zahner zu erzählen, der an dem alten Wege nach Gauen wohnte.

An einem Herbstjahrmarkt kamen auch zwei Sennen aus dem Toggenburg herüber. Sie hatten Lust, den starken Gasterländer aufzusuchen und mit ihm anzubinden. Dieser war eben mit Pflügen beschäftigt. "Könnt Ihr uns sagen, wo der starke Zahner wohnt?" fragten sie. "Freilich, freilich!" erwiderte er, hob den Pflug mit einer Hand vom Boden auf und zeigte damit auf sein Häuschen. Die beiden aber zogen kleinlaut fürbaß.
Ein andermal spielte Zahner seinem Nachbar den Schabernack, daß er dessen sechsjähriges Pferd auf die "Heudiele" hinaufstellte. Freilich war er hernach auch wieder so gutmütig, die Verlegenheit zu heben und das Tier herunterzuholen.

Und doch wurde Zahner endlich von einem Schneider überwunden. Er diente unter Frankreichs Lilienbanner. Bei einem Volksauflauf drang cin Schneider auf ihn ein. Zahner legte die Waffe ab und fing den Streich mit der bloßen Hand auf. Aber der Degen des Ellenreiters war mit Gift bestrichen, und die leichte Verwundung genügte, den Riesen auf die Totenbahre zu bringen.
Chr. Lügstenmann.

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 389, S. 224
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