Gespenst und Teufel auf der Allmend

Eine alte vergilbte Handschrift berichtet über Gespenster und feurige Dämonen, welche auf der Zuger Allmend einst ihr Unwesen trieben.

Die Bürger von Zug haben sich immerfort schwer beklagt, daß Tag und Nacht ein schlimmes Unwesen auf ihrer Allmend hause. Am Vieh erlitten sie große Schäden, etliche tausend Stück gingen ab. Man probierte allerlei Mittel, um die bösen Geister zu vertreiben, allein, es nützte nichts. Verschweigen konnte man die bitterböse Angelegenheit auch nicht, da jedermann sowohl bei heiterem Tag als auch bei stockdunkler Nacht einen feurigen Mann auf der Allmend sehen konnte. Bald wollte niemand mehr sich über die Allmend wagen, und in der ganzen zugerischen Nachbarschaft ging wild die Rede von dem eigenartigen Feuersmann um.

Anfangs März 1574 haben die Zuger einen Teufelsbeschwörer aus Chur kommen lassen, der sollte den Teufel verbannen. Dies wurde auch gesehen, von Heinrich Schmid, Burger von Zürich, der sich geschäftehalber in Zug aufhielt und dieses ganze Vorkommnis seiner hohen Obrigkeit berichtete.

Als er viel Volk aus der Stadt ziehen sah, frug er, was das bedeute, und man antwortete ihm, der Teufelsbeschwörer aus Chur habe zwei Teufel vor das Baarertor beim Schützenhaus am See beschworen. Als nun der Zürcher auch hinausging, sah er wahrhaftig zwei Teufel in Mannskleidern mit langen Barten und großen, langen Haaren wie alte Ziegenböcke. Wie er nun wieder in die Stadt zurückgekommen sei, habe man ihm erzählt, daß sieben Teufel vor dem Schützenhaus gestanden seien und der Beschwörer aus Chur habe mit ihnen aus einem Buche lange geredet. Am 5. März ist der Teufelsbeschwörer auf die Allmend gegangen und als er zu einem alten Eichenbaum gekommen, schlug er mit dem Schwert an den Stamm und urplötzlich sprangen fürchterliche Gestalten heraus. Auf der Straße eilten diese Teufel gegen das Schützenhaus zu und griffen unterwegs einige Neugierige an und zwar so heftig, daß vier davon starben und fünf schwer erkrankten. Gar mächtig ist das Volk darob erschrocken. Dem Beschwörer war einer vom Zuger Rat beigegeben worden, namens Salomon Haberer. Da begab es sich, daß der Beschwörer sein Amt eine Zeitlang betrieb, dann aber von den Teufeln gepackt und heftig gewürgt wurde, bis ihm die Sinne schwanden. Der Ratsherr mußte helfen und dem Ohnmächtigen kaltes Wasser angießen.

Der schon genannte Zürcherbürger war in der Karwoche nochmals in Zug und bei seiner Heimkehr erzählte er in Zürich vor Magister H. Bullinger und Bürgerschreiber Kambli, daß am Hohen Donnerstag der Teufelsbeschwörer aus Chur mit etlichen Personen in der "Krone" zu Zug gespiesen habe und zu ihm gesagt, er würde nach dem Nachtessen, zwischen neun und zehn Uhr, wieder an die Arbeit gehen. Nach dem Mahl habe der Teufelsbeschwörer den Gästen noch eine Maß Wein bezahlt und gesagt: "Ich furcht, ich muß eine böse Fahrt machen, bittet für mich bei Gott".

Wie nun der Churer mit dem Ratsherr und Schlosser Haberer und einigen andern beherzten Männern aus der Stadt auf die Allmend kam, sind vier Teufel flammend und brennend dahergeeilt. Der Beschwörer sprang mitten unter sie und dann sah man nichts mehr von ihm. Die Teufel haben ihn folglich mit Leib und Seele weggenommen. Wohl habe der Churer dem Zürcher versprochen, innert vierundzwanzig Stunden wieder in der "Krone" zu erscheinen, so es ihm gut ergehen würde, allein der Zürcher wartete vergebens.

Heinrich Schmid zeigte weiter an, gemäß den Aussagen Haberers, daß in der Nacht, ehe solch Ungemach vom Teufel geschehen, sei er in eine tiefe Ohnmacht gefallen und aus dem schützenden Bannzirkel gestürzt und sofort hätten ihn die Teufel gepackt; der Beschwörer hätte ihn dann noch retten können. Salomon Haberer habe gesagt: "Ich will meinem Vaterland, der Stadt Zug, meinen Herren und Obern allzeit gehorchen und willig dienen, aber für ein solches Unternehmen werde ich nie und nimmer mehr einstehen, eher verlasse ich den heimatlichen Boden".

Vom Churer Beschwörer waren auch vier Teufel in eine Eiche gebannt worden und zum Erkennungszeichen wurde ein Brieflein an den Baum geheftet. Ein vorwitziger Bürger aus Zug ging zu diesem Eichenbaum hin und riß das Bannbrieflein weg, sofort fuhren die vier Teufel aus dem Baum hinaus und schlugen den Zugerbürger derart heftig, daß er am dritten Tage starb.

Nach diesen Ereignissen verendete trotzdem viel Vieh auf der Allmend und vergebens forschte man nach dem verschwundenen Beschwörer. Der Teufelsspuck währte etliche Jahre, bei Tag und bei Nacht. Ja, es kam vor, daß Leute bei heiterhellem Tag vom Teufel angefallen wurden. Der Rat ließ daher einen neuen Beschwörer kommen, dieser bannte das Gespenst unweit Wilägeri in ein Tobel. Einmal noch brach es von dort aus und fuhr mit wildem Rauschen durch das Land. Nachdem es viel Vieh geschändet und umgebracht hatte, eilte es wieder an seinen Bannungsplatz, ins Tobel hinab.

Auf der Allmend wüteten aber immer noch andere Geister, und so wurde vom Rate ein neuer, mit großen Kräften ausgestatteter Beschwörer aus der Gegend von Basel beigezogen, und nach reicher Belohnung bannte er die Gespenster aus dem Zugerland in die wilden Felsen des Pilatusberges. Vom Rate wurden ihm zwei Beobachter mitgegeben bei der Teufelsbannung, nämlich Hans Brandenberg und Jakob Nußbaumer. In ihrer Gegenwart begann der Basler mit der Beschwörung und brachte die Gespenster an den See, gleich einer Meute zusammengekoppelter Hunde. Er hielt alle an einem Strick gebunden. Das waren aber alles bekannte Personen aus alten Stadtfamilien, die vor langem schon gestorben. Sie erschienen in den Kleidern, mit welchen sie früher auf den Gassen gewandert. Die zwei Abgeordneten konnten sie alle erkennen und sagen, das ist dieser, das ist jener. Darob sind sie mächtig erschrocken. Der Beschwörer fuhr nun mit diesen Geistern durch die Luft über den See und bannte sie in den Pilatusberg.

Seither ist es ruhig geworden auf der Zuger Allmend.

Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 118