Hexenmeister von Ägeri

In der Gegend von Ägeri sollen vor altersgrauen Zeiten zwei Hexenmeister gehaust haben und von diesen geheimnisvollen Schwarzkünstlern erzählte man sich wunderbare Dinge.

In einer Taltiefe der Oberägerer Allmend, nahe bei den Schwyzeralpen, zu Füßen des St. Jostenbergs, wohnte in einer alten Waldhütte der Kohler. Als Zauberer glaubte man ihn im Bunde mit dem Teufel. Wegen dieses Bildnisses mit dem Bösen soll er in Zug durch den Scharfrichter hingerichtet worden sein. Vor seinem Tode legte er folgendes Bekenntnis ab:

Einst habe er sich in einen gefällten Baumstamm verwandelt. Auf diesen knorrigen Baumstamm hätten sich nun zwei müde Holzfäller gesetzt, um ihren schmackhaften Zobig zu verzehren. Einer der Männer habe dann zum Zeitvertreib mit dem Messer in der Baumrinde des Stammes herumgestochert, und das habe ihn, den Kohler, furchtbar geschmerzt.

Bei einer andern Gelegenheit versprach er einigen Jägern eine recht glückhafte Jagd, sie müßten aber genau in der von ihm bestimmten Himmelsrichtung gehen. Voll Freude und Jagdbegier gehorchten sie dem Tausendkünstler, und hatten wahrhaft ihren Gehorsam nicht zu bereuen, denn eine Unmenge Wild sprang ihnen über den Weg. So viele Hasen, Hirsche und Rehe hatten sie ihrer Lebtag noch nie gesehen. Aber wie sie nun auf das Waldgetier losfeuerten, krümmten sich die Läufe ihrer Flinten und sie konnten rein sauber nichts erlegen.

Der andere Hexenmeister, Hans Blattmann mit Namen, stand 1597 in Luzern vor Gericht und mußte sich wegen angeblicher Zauberei verantworten. Zu seinem geheimnisvollen Treiben stund ihm ein reiches Arsenal zur Verfügung: Schüssel, Feuerspiegel, Kampfring, silberne Zeichen, gesegnete Wachskerzlein, Samenkörner, ein Segensbüchlein und ein sogenanntes Jungfrauenpergament. Dieses Jungfrauenpergament diente ihm zum Häuten und Stechen. Er verfertigte auch Heilmittel, so bereitete er eine heilsame Salbe für kranke Beine und zu diesem Zwecke nahm er Rindermark, Wildkatzenfett und Dachsenschmalz sowie gesegnetes Wachs von kleinen Kerzen. Im Volke erzählte man sich eigentümliche Geschichten von seiner großen Wunderkraft.

Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 103