Meinrad auf St.Jost

Im Königshof zu Cham weilte der fromme Ritter Meinrad von Zollern und suchte zu seinem Seelenheil ein stilles Plätzchen, um dort allein und fern des unseligen Waffenlärms sich ganz in den Dienst des allerobersten Herrn zu stellen. Wie nun Sankt Meinrad dem stillen Gelände des Zugersees entlang durch wilde Sümpfe und bergiges Gelände wanderte, kam er auf den heutigen St. Jostenberg. Er sah in die Weite und suchte und spähte nach einer ruhigen Einöde, wo er als Eremit Gott dienen könnte. Er dachte zurück an den schönen Königshof, er erinnerte sich an den stolzen Pilatusberg und an die bänderreiche Rigihöhe, und er schwang seine Wanderaxt, um dort seine Stätte zu suchen, wo sie niederfallen würde. Er schwang die Axt, doch allzufrüh entschlüpfte sie seiner Hand und fuhr durch die Lüfte bis an die Stelle im finstern Walde, wo der Muttergottesbrunnen frisch aus dem Erdreich sprudelte und heute das Kloster der schwarzen Mönche von Einsiedeln steht.

Sankt Meinrad nahm demütig den Wink von oben an und zog über den atemraubenden Katzenstrick in das Waldtal von Einsiedeln, baute seine Zelle und diente dem Allerhöchsten während vielen Jahren. Dann erschienen beutegierige Mörder und schlugen den edlen Diener nieder, fanden aber durch die schwarzen Raben bald den strafenden Richter im nahen Zürich.

Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 22