Der Narr von Stockach

Als das österreichische Heer gegen die Schwyzer zu Felde zog, sammelten sich die vornehmen Ritter im Habsburgerstädtchen Zug. Auf der festen Burg wohnte Herzog Leopold und beriet zum letztenmal seinen Schlachtplan. Wie schon auf dem Stein zu Baden, wohnte auch in Zug der Hofnarr Hans Kueni von Stockach dem Kriegsrate bei. Als man in übermütiger Laune auch den Narr um seine Meinung fragte, sagte Hans Kueni: "Ihr ratet immer bei Euren Plänen, wie Ihr in das Land der Schwyzer kommt, aber keiner von allen Räten hat je erwogen, wie man wiederum aus dem Land der Wilden herauskomme. Daher ist Euer Rat nicht gut." Der ganze Kriegsrat lachte, aber als dann im Engpaß der Schornen die Hellebarden krachend auf die stolzen Ritter niederprasselten und das ganze Heer voll Angst und Schrecken einen rettenden Weg auf der wilden Flucht suchte, dachte der fliehende Herzog an das weise Wort des Narren. In spätern Jahren erhielt dann der Narr als Lohn für seinen Rat das Privileg zu einem eigenen Narrengericht für seine Heimatstadt und das Gericht hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Während der Fasnacht waltet heute noch das "Hohe, grobgünstige Narrengericht zu Stocken" und richtet über jeden Bürger, der sich gegen Sitte und Anstand im Laufe des Jahres verfehlte, und in der Burg von Zug hängt immer noch das Bild des mahnenden Narren von Stockach.

Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 33