Der starke Wein
Im schmucken Berggelände von Walchwil wuchs vor vielen, vielen Jahren
ein gar guter und herrlicher Feuerwein, der ganz geheime Kräfte in
sich barg. Weitherum rühmte man diesen Wein von Walchwil und erzählte
über ihn die wunderlichsten Geschichten. In den Rebgärten hauste
aber ein böses Gespenst, das alt und jung während des Tags und
auch in dunkler Nacht schreckte und fürchterlich plagte. Die frommen
Walchwiler wußten lange nicht, wie sie sich vor dem Unhold in dem
Rebgelände schützen könnten. Als aber im nahen Arth ein
Klösterlein der braunen Kapuziner entstand, schickten die geplagten
Weinbauern und Fischer einen Boten ins Nachbardorf und riefen die Kapuziner
zu Hilfe, damit das böse Gespenst bezwungen würde. Auf den bittenden
Hilferuf der Walchwiler erschien ein Kapuzinerpater. Bevor er aber zur
Vertreibung des bösen Geistes schritt, verlangte er einen halben
Liter des feurigen Walchwüerweins. Da erschrak das Gespenst vor dem
Vorhaben des Paters und floh mit den Worten: "Wenn der da Walchwiler
trinkt und gar einen halben Liter, dann bin ich restlos bezwungen".
Und seither hat sich das Gespenst nie mehr gezeigt.
Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 86