Die Ziegenkirche

Am Rathausplatz in Ödenburg steht die alte schöne Ziegenkirche, ein prächtiges Stück aus dem gotischen Mittelalter. Über der Kirchentür ist ein Ziegenwappen angebracht, von dessen Ursprung das Volk folgendes erzählt:

Am Geißhügel gegen Kroisbach hat ein Hirtenknabe tagtäglich Ziegen geweidet. Auf einmal wurde er auf einen Ziegenbock aufmerksam, der an einer gewissen Stelle des Hügels mit großem Eifer scharrte. Der Hirt ging zur Stelle, trieb den Bock zur Seite und schaute, was da wäre. Er sah aber nichts. Als er auf seinen früheren Platz zurückging, hüpfte der Bock wiederum an jene Stelle und begann mit einem solchen Wahnsinn zu scharren, daß die Erde wie ein Hagel zum Himmel flog. Nun lief der Hirtenknabe schnell hin und sah im Schöße der Erde Gold glänzen. Da machte nun er sich ans Werk, grub den Schatz aus und opferte ihn Gott. Man erbaute davon die Frauenkirche und setzte über ihre Tür das Bild einer Ziege, da man eigentlich der den Bau zu verdanken hatte. Von diesem Bild erhielt sie auch den Namen: Ziegenkirche.

 

Quelle: Elmar Schwartz, in: Sonntagsblatt, 18. Juli 1926, Nr. 4, S. 12, zit. nach Sagen aus dem Burgenland, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 274.