DER TOTE SEE

Im Domleschger Tal (Bünden) sieht man noch viele Trümmer alter Burgen. Um einen ruhigen, stillen See von geringem Umfang findet man hie und da Reste von alten Mauern, Höhlen und Grotten, die ganz mit Schilf und Seekräutern bewachsen sind und so den Anblick eines schwarzen und gleichsam ausgestorbenen Sees noch schauerlicher machen. Hier stand nach der Sage ein reiches Zwingherrenschloß, dessen Bewohner die Gegend umher beraubten. Einst ließen sie in den unterirdischen Gemächern einen Greis unschuldig schmachten. Dieser verfluchte die Ruchlosen und alsbald soll das Schloß mit den Tyrannen untergegangen sein und die Stätte sich in einen See verwandelt haben.

(Bündner Volksblatt v. 1832, S. 207)

Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858