DER DRACHENSEE

Da, wo jetzt der Drachensee ist, war vor uralten Zeiten ein Bergwerk. Der heilige Magnus von Füssen hat dasselbe eröffnet, indem er allen Leuten der Umgebung einen Laib Brot gab, wenn sie nach Schätzen graben würden. Für solchen Lohn taten das die armen Heiden ringsum sehr gerne, da sie das Brot vorher nicht gekannt hatten. Bei diesem Bergbau wurde später eine Familie besonders reich, aber auch um ihrer Goldschätze willen gar hochmütig. Sie baute sich auf dem Bergwerk droben ein Haus und eine eigene Kirche dazu, da sie nicht neben den anderen Leuten in der Ortskirche beten wollte.

Da ist aber einmal Haus und Kirche und das ganze Bergwerk versunken und an dem Ort ist nun der Drachensee. Man sieht noch alle Jahre am Weihnachtstag das ganze Bergwerk, das Haus und die Kirche. In dieser hört man alsdann die Familie beten und vor der Kirchentüre hält ein fürchterlicher Drache Wache, daß kein Mensch sich ihr nahen kann.

In Russen heißt noch jetzt die Pfarrkirche "St. Magenkirch" (St.Magnuskirche).

(Mündlich aus Reutte. Der See wird auch Aschauersee genannt)

Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858