DIE UNIVERSITÄTS-NEUBAU ERÖFFNUNG
Die Universität Innsbruck hatte im 20. Jahrhundert unter erbärmlichen
Raumnöten zu kämpfen.
Sehr drastisch gibt das etwa ein Brief von Professor Gschnitzer (Juridische
Fakultät) vom 29. Mai 1931 zum Ausdruck:
"...Durch die Güte des Herrn Professor Haffner
wurde es uns im Herbst 1930 möglich
in seinem Seminar Unterschlupf zu finden, d.h. wir können dort die
Schreibmaschine
einstellen (hingegen keine Bücher) und es an jenen Tagen benützen,
an denen keine Vorlesungen sind."
Erst langsam besserte sich die Situation, auch die Hörerzahlen
stiegen, allerdings waren die Institute auf angemietete Wohnungen im ganzen
Stadtgebiet verteilt.
1964 wurde ein Neubau für die Geisteswissenschaftliche- und Naturwissenschaftliche
Fakultät am Gelände Innrain geplant, der 1975 begonnen und 1982
großteils fertiggestellt wurde.
Zur feierlichen Eröffnung wurde die damalige Wissenschaftsministerin
Herta Firnberg und viele andere Persönlichkeiten erwartet.
Da Baustellen zu dieser Zeit noch kaum bewacht wurden, gelang es ohne
weiteres, einer unbekannten Gruppe, sich in der Nacht vor der Eröffnung
im Gebäude zu verbergen und zum Ausdruck eines Protestes (?), die
vorbereiteten Feierlichkeiten zu sabotieren.
Viele mündliche Legenden erzählen von den möglichen Geschehnissen
im unbeleuchteten, nächtlichen Gebäude, die in dieser Nacht,
den Erzählungen nach, gezeugten Kinder könnten heute schon Studierende
dieser Häuser sein.
Allerdings hat in jener Nacht vermutlich mehr Betriebsamkeit in künstlerischer
Hinsicht geherrscht, denn man wollte die prominenten Gäste mit Malereien
auf den kalten und nackten Betonwänden provozieren. Die prominenten
Gäste sind am nächsten Morgen ohnehin ausgeblieben.
Die in dieser Nacht hinterlassenen Kunstwerke sind leider kaum dokumentiert
und allmählich übermalt worden.
Im Juli 2000 wurden die letzten Reste durch weisse Flächen übermalt,
allerdings verbirgt der Hausmeister des Gebäudes, Herr R., immer
noch eine letzte erhaltene Wand vor den Malern, in der Hoffnung, damit
diese kunsthistorisch möglicherweise doch noch entdeckt und erhalten
werden kann.
Zudem ändern sich die Zeiten:
Hausmeister R. würde sich auf seriöse Angebote von Graffitti-Künstlern
für die nun weisse Eingangshalle freuen...
© Wolfgang Morscher
Quelle: mündliche Erzählung an den Autor,
Erzähler und Betroffene sind aus Persönlichkeitsschutzgründen
anonymisiert.
© Wolfgang Morscher
Zitat Gschnitzer: Franz Gschnitzer Lesebuch, Herausgegeben von Heinz Barta,
Karl Kohlegger und Viktoria Stadlmayer anläßlich des 25. Todestages
von Franz Gschnitzer am 19. Juli 1993, Wien 1993, Seite 123