DER FUCHS UND DIE GÄNSE
Der Fuchs kam einmal auf eine Wiese, wo eine Herde schöner fetter
Gänse saß, da lachte er und sprach 'ich komme ja wie gerufen,
ihr sitzt hübsch beisammen, so kann ich eine nach der andern auffressen.'
Die Gänse gackerten vor Schrecken, sprangen auf, fingen an zu jammern
und kläglich um ihr Leben zu bitten. Der Fuchs aber wollte auf nichts
hören und sprach 'da ist keine Gnade, ihr müßt sterben.'
Endlich nahm sich eine das Herz und sagte 'sollen wir armen Gänse
doch einmal unser jung frisch Leben lassen, so erzeige uns die einzige
Gnade und erlaub uns noch ein Gebet, damit wir nicht in unsern Sünden
sterben: hernach wollen wir uns auch in eine Reihe stellen, damit du dir
immer die fetteste aussuchen kannst.' 'Ja,' sagte der Fuchs' 'das ist
billig, und ist eine fromme Bitte: betet, ich will so lange warten.' Also
fing die erste ein recht langes Gebet an, immer 'ga! ga!' und weil sie
gar nicht aufhören wollte, wartete die zweite nicht, bis die Reihe
an sie kam, sondern fing auch an 'ga! ga!' Die dritte und vierte folgte
ihr, und bald gackerten sie alle zusammen. (Und wenn sie ausgebetet haben,
soll das Märchen weitererzählt werden, sie beten aber alleweile
noch immer fort.)
Quelle: Kinder- und Hausmärchen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), 1812-15, KHM 86