Flutlegende von St. Michael
(Aljaska)
In den ersten Tagen war die ganze Erdoberfläche mit Ausnahme eines
sehr hohen Berges in ihrer Mitte überflutet. Vom Meer her stieg das
Wasser und bedeckte alles Land, mit Ausnahme dieses Berges; nur ein paar
Tiere wurden gerettet und entkamen dadurch, daß sie die Berghänge
hinanstiegen. Einige wenige Leute entkamen, indem sie ein Familienboot
bestiegen. Ihr Leben fristeten sie mit Fischen, die sie bei Ebbe fingen.
Als schließlich das Wasser zurückging, gingen die Leute, die
gerettet waren, auf die Berge und lebten da; gelegentlich stiegen sie
dann zur Küste herab. Auch die Tiere kamen wieder herab und belebten
die Erde mit ihrem Geschlecht. Während der Flut schnitten Wogen und
Ströme in die Oberfläche des Landes Furchen und Risse und als
dann das Wasser zurückging und immer weiter zum Meer abfloß,
waren die heutigen Berge und Täler entstanden.
Quelle: Eskimomärchen, übersetzt von Paul
Sock, Berlin o. J. [1921], Nr. 1, S. 7.
aus: E. W. Nelson: The Eskimo about Beringstrait (Annual Report of American
Ethnology, Vol XVIII/1, Washington 1896/97.