Der Klaubauf
Es hatten einmal zwei blutarme Leute ein recht böses Kind, das ihnen
viel Verdruß machte. Die Mutter sagte wohl oft zu ihm: "Wenn
du nicht folgen willst, so geb ich dich dem Klaubauf." Aber das fruchtete
wenig bei dem Rangen, der seine Wege ging und die Ermahnungen seiner Eltern
in den Wind schlug. So trieb er es lange Zeit.
Da nahte denn wieder der St.-Nikolaus-Tag, und am Vorabend kam wirklich
ein Klaubauf in die arme Hütte. Der Klaubauf hatte gar lange Hörner
und große, feuersprühende Augen. Schellend und polternd trat
er in die Stube, wo sich das unfolgsame Kind befand, und frug die Eltern
mit hohler Stimme: "Darf ich den Fratzen mitnehmen?" Die Eltern
bejahten seine Frage. Er wiederholte sie zum zweiten und zum dritten Male,
und als die Eltern immer mit Ja antworteten, nahm er das Kind und trug
es zur Tür hinaus. Draußen fuhr er mit dem Kind, das laut aufschrie
und um Hilfe rief, durch die Luft von dannen. Die armen, bekümmerten
Eltern mochten sich wohl abhärmen und nach dem Kind forschen, sie
konnten keine Spur mehr von ihm entdecken.
(mündlich aus Paznaun)
Quelle: Ignaz und Joseph Zingerle, Kinder- und Hausmärchen aus Süddeutschland, Regensburg 1854