Ashik

In einem kleinen Dorf zwischen Tirana und der Hafenstadt Durres lebten im Mittelalter zwei Kinder. Die Tochter des reichen Beis (heute etwa Bürgermeister) und der Sohn eines Tagelöhners. Als sie erwachsen waren, liebten sie sich sehr und schworen sich ewige Liebe. Der junge Mann hielt beim Vater um die Hand seiner Tochter an. Der Vater sagte ihm, daß er sich erst die Tochter "verdienen" müßte. Nach dem albanischen Kanun (angeblich auf den römischen Kaiser Justinian, der auch aus dem heutigen Albanien stammte, zurückgehendes Gewohnheitsrecht, auf der Basis von Auge um Auge - Zahn um Zahn beruht. In Nordalbanien, wo diese Regeln bis heute befolgt werden, gehen nach Schätzungen von Internationalen Organisationen etwa 50.000 (!) Männer nicht aus dem Haus, aus Angst im Zuge einer dieser Blutrachen ermordet zu werden.) war noch eine "Rechnung" offen: Der junge Mann soll im Zuge einer Blutrache in einem Dorf im Norden eine bestimmte Person ermorden.

Der junge Mann zieht also in den Norden und kann Tage lang nicht schlafen, weil er niemanden ermorden will. Schließlich ist die Liebe aber größer, er begeht den Mord und kehrt in sein Dorf zurück. Als er ankommt wird seine Braut gerade in einem großen Hochzeitszug nach Süden gebracht, weil der Vater eine bessere Hochzeit arrangiert hat. Über diesen Verrat ist der junge Mann so verzweifelt, daß er zuerst seine Braut und dann sich selbst umbringt.

Als die Türken, die kurze Zeit später das Land für ca. 500 Jahre besetzen, die Geschichte hören, pflanzen sie an dem Ort einen Baum und nennen den Ort Ashik, was auf türkisch so viel heißt wie "Die Verliebten". Den Baum gibt es heute noch und in der Nähe befindet sich ein wunderschönes Restaurant, das sich ebenfalls "Ashik" nennt.

Quelle: Sammlung DDr. Lukas Morscher, Emailzusendung vom 26. Juli 2005