Mordthat offenbart.
In Schiltach erschlug ein Mann seine Frau, verbarg es aber dadurch, daß
er ein Tuch um ihre Kopfwunde band und sich über ihren Tod sehr betrübt
stellte. Nachdem sie begraben war, erschien sie ihm nachts so oft, daß
es endlich im Orte bekannt wurde. Da begab sich der Pfarrer abends in
das Haus, welches, auf sein Geheiß, alle Bewohner verlassen mußten.
Gegen zwölf Uhr kam die Frau, die auf des Geistlichen Anrede: "Alle
gute Geister loben Gott, den Herrn," erwiederte: "Und ich auch!"
Dadurch ermuthigt, fragte der Pfarrer sie um die Ursache ihres Erscheinens
und erhielt von ihr zur Antwort, daß ihr Mann sie ermordet und sie
keine Ruhe habe, bis diese Missethat aufgedeckt sei. Hierauf nahm sie
das Tuch von der Wunde und bat ihn, in diese seinen Fingerring zu legen,
den er, zum Beweis, daß sie ihm die Wahrheit gesagt, noch darin
finden werde, wenn er am nächsten Tag ihren Sarg öffnen lasse.
Nachdem der Ring in der Wunde war, band sie der Geist wieder mit dem Tuche
zu und entfernte sich. Kaum war es Morgen, so ließ der Geistliche
den Leichnam ausgraben und fand an ihm die Todeswunde mit dem Ringe darin.
Auf seine Anzeige erfolgte des Mörders Hinrichtung. Der Geist der
Frau hat niemals wieder sich sehen lassen.
Quelle: Bernhard Baader,
Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Karlsruhe
1851, Nr. 91.