Die Gründung des Überlinger Schwerttanzes
Die Überlinger mußten einst in den Krieg ziehen und stellten
dem Kaiser hundert Mann. Am Morgen des Ausmarsches besuchten sämtliche
hundert Krieger den Gottesdienst in der St. Jodok-Kirche und ließen
sich segnen, mit Ausnahme eines einzigen Mannes, der nicht in die Kirche
ging. Vor dem Eintritt in die Kirche wetzten sie nach altem Brauch an
den Steinsäulen des Portals ihre Schwerter, um sie dadurch zu weihen.
Noch jetzt sieht man am Portal die Spuren dieses Waffenschleifens; es
sind sogenannte Rillen, d. h. napf- und schiffchenförmige Vertiefungen,
wie man sie an den Eingängen auch anderer Gotteshäuser manchmal
trifft. Im Krieg selbst zeichnete sich aber die Überlinger Mannschaft
aufs rühmlichste aus, und sämtliche Soldaten kehrten wohlbehalten
zurück mit Ausnahme desjenigen, welcher vor dem Ausmarsch die Kirche
nicht besucht, denn er war im Kampf gefallen. Der Kaiser aber verlieh
hierauf den Überlingern für ihre im Feld bewiesene Tapferkeit
das Privilegium des Schwerttanzes.
Quelle: Theodor Lachmann, Überlinger Sagen, Bräuche und Sitten. Konstanz 1909, Nr. 10, S. 44