Das Kirchlein zu Harlaching
Wenn im September und Oktober die Glocken des Harlachinger Kirchleins die Ablaßzeit verkünden, dann erzählt man in Giesing von einem bayerischen Grafen, der sich in einer kalten Winternacht während eines furchtbaren Schneesturmes bei Grünwald im Walde verirrte und so in die Gefahr kam, zu erfrieren. In dieser großen Not gelobte er, für den Fall seiner glücklichen Heimkunft, die nächstliegende Marienkirche reich zu beschenken. Doch von nirgends kam Hilfe. Schon wollte er sich seinem Schicksal überlassen, als plötzlich aus nächster Nähe die Töne eines Glöckleins klangen. Von neuem Lebensmut beseelt, nahm der bereits ermattete Graf nochmals seine Kräfte zusammen, ging dem Tone des Glöckleins entgegen und kam so nach Harlaching, wo bereits alles auf den Beinen war, denn das Glöcklein hatte sich von selbst geläutet. Der gerettete Graf erfüllte sein Gelübte und durch Zutun der Bevölkerung entstand der Harlachinger Ablaß, der sich noch heute großer Beliebtheit erfreut. So erzählt die Sage; die tatsächliche Entstehung des Ablasses ist jedoch auf die Pestzeit im 17. Jahrhundert zurückzuführen. Damals begaben sich mehrere Münchener Bittprozessionen nach Harlaching, um das Erlöschen der Pest zu erbitten.
Quelle: Willy Rett, Münchener Neueste Nachrichten 1911.
Altbayerische Sagen, Ausgewählt vom Jugendschriften-Ausschuss des Bezirkslehrervereins München, München 1906.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Norbert Steinwendner, Dezember 2013.
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