86. Der Bärenmoosmann im Achental.
Von der Fallmühle im Achental bei Pfronten westlich aufwärts gegen das Vilstal zu liegt auf dem Sattel zwischen dem Wester-Kienberg und dem Achsele in waldreicher, teilweise sumpfiger Umgebung die Bärenmoosalpe. Hier trieb ehedem der "Bärenmoosmann" viel sein Wesen, besonders zur Nachtzeit, wo man ihn oft pfeifen und schreien hörte, und wer sich dann nicht ruhig verhielt oder gar zu freveln wagte, dem setzte er schlimm zu. Manchmal sah man ihn "unter Lichts", d. i. in der Dämmerung, aber sogar auch bei Tag. Er sah aus wie ein Jäger, trug eine "Lodenmontur" und einen "großen, breiten Hut", und manche wollten behaupten, er habe keinen Kopf, manche, er habe deren zwei.

Oft geschah es, daß er die Leute, die dort zu tun hatten, sogar am hellen Tag belästigte, Steine, Prügel oder Aste nach ihnen warf und sie sogar von der Arbeit vertrieb. Am öftesten passierte das den Suiters, deren Geschlecht er am meisten haßte. Einer von ihnen war einmal in der Nähe beim "Aste streifen". Da kam auf einmal unter Lärmen und Toben ein solcher Hagel von Steinen und Ästen, daß er kaum geschwind genug fliehen konnte um nur sein Leben zu retten.

Auch unter die Rosse, die man öfters in der Alpe eingeschlagen, kam er oft, und dann stob alles auseinander; denn sie fürchteten ihn überaus und wurden vor ihm ganz wild, daß der Hirt seine liebe Not hatte, sie wieder zusammenzubringen und zu beruhigen. Manche Hirten wollten darum gar nicht mehr bleiben.

Einige meinten früher, der Bärenmoosmann sei ursprünglich ein Beamter von der alten Vogtei gewesen, der aus irgend einem Grunde, wahrscheinlich wegen Veruntreuung, nach seinem Tode im Amtshause gegeistet habe, bis man ihn auf die Bärenmoosalpe verbannte. Jetzt hört man nichts mehr von ihm, und so wird er wohl erlöst sein.

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 86, S. 90 - 91.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.