135. Geist sitzt einem Fuhrwerk auf.
Zur Zeit, als die Salzfahrt von Tirol über den Gachtpaß und
durch das Tannheimertal ins Allgäu und die Schweiz noch im Schwange
war, kam einmal nachts der alte Rimmel von Ehenbichl mit einem Salzfuhrwerk
am "Gächtle" unterhalb Weißenbach, wo rechts sich
die steilen Schrofen des Gachtberges erheben, vorbei. Da hörte er
immer eine Stimme gar jämmerlich rufen: "Laß mi o mit!
laß mi o mit!" Lange sagte er nichts, dann aber verleidete
ihm das ewige: "Laß mi o mit!" und so rief er unwillig:
"So gang hear, du Teufelsnarr!" Sofort saß aber auch schon
einer auf dem Schlitten; zugleich aber stockte das Fuhrwerk, und die Ochsen
konnten dasselbe um keinen Schritt mehr vorwärts bringen. Er mochte
sie treiben und peitschen, soviel er wollte, sie kamen nicht mehr aus
ihren Fußstapfen. Da forderte er den Aufgesessenen auf wieder abzusitzen;
allein der rührte sich nicht und blieb. So wollte ihn der Rimmel,
der ein baumstarker Mensch war, nun gewaltsam herunterreißen. Als
er ihn aber berührte, merkte er, daß er ganz glatt und schlüpfrig
war und sich kalt wie ein Fisch anfühlte, und nun erfaßte ihn
Schauder und Entsetzen. Er merkte, daß da mit Gewalt nichts auszurichten
wäre. So fing er an zu beten und sprach, während er dreimal
um den Schlitten herumging, das Salve Regina. Das half; denn nun sprang
der Geist ab und verschwand, und der Rimmel konnte wieder weiterfahren.
Quelle: Allgäuer
Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter
des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München
1914, Nr. 135, S. 136 - 137.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.