109. Gfrörkünstler von einer goldenen Kugel bezwungen.

Als der Fürstabt von Kempten einmal mit seinem Gefolge in dem Baldensteinschen Revier bei Betzigau der Jagd oblag, stießen sie auf einen Wildschützen, der von Bachtel bei Nesselwang war, und das "Gfrören" verstand. Er war schußfest, daß ihm nie ein Jäger etwas anhaben konnte, und so blieb er auch diesmal kalt und frech auf einer "Schachtel" (Hirschkuh) sitzen, die er eben erlegt hatte. Soviel auch das Jagdgefolge auf ihn Schüsse abgab, er blieb unverletzt sitzen und lachte die Jagdleute nur aus. Da sprach der Fürst: "Jetzt will doch ich einmal sehen, ob ich den Burschen nicht von seiner Schachtel herabbringe," nahm ein Goldstückchen aus seiner Börse, klopfte es mit einem Hammer auf einem Steine zu einer runden "Bolle" und steckte diese anstatt der Kugel, nachdem er geladen hatte, in den Gewehrlauf. Kaum hatte er den Schuß abgefeuert, so fiel der "Gfrörer" getroffen und tot zu Boden und hatte so von der goldenen Kugel seinen Lohn.

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 109, S. 118.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.