72. Die Fahrt mit dem "Hexentanz".
In Ried zwischen Oberthingau und Görisried lebte einst ein Mann,
Namens Rummel. Der war in seinen jüngeren Jahren ein kecker und übermütiger
Bursche, "der keine Religion hatte", und weil man damals oft
vom "Hexentanz" erzählte, den man in Ried und auch im benachbarten
Veichelstein öfters wollte gehört haben, so tat er wiederholt
den frevelnden Ausspruch, er möchte doch auch einmal mit dem Hexentanz
durch die Luft fahren. Da kam eines Tages ein grüngekleideter Mann,
ein fremder Jäger, in sein Haus und sagte, wenn er mit dem Hexentanz
ziehen wolle, solle er sich nur "richten", d. h. sich bereit
halten; er solle aber ja die Räder seines Wagens recht gut schmieren.
Dann gab er ihm genau die Zeit an, wann der Hexentanz über Ried ziehen
werde, und entfernte sich wieder. Der Rummel tat, wie ihm geheißen,
und hielt sich bereit, und richtig, zur angegebenen Zeit kam der Hexentanz
wieder über Ried gezogen und nahm den Rummel mit samt dem Wagen fort.
Wohin es ihn nahm, weiß man nicht, wohl aber, daß er nach
einiger Zeit elend zugerichtet und im Gesichte ganz zerkratzt wieder heimkam,
und daß ihn nie mehr gelüstete mit dem Hexentanz zu fahren.
Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen,
Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt
von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 72, S. 75 - 76.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.