259. Die Schatzhüterin in der Altenburg bei Weiler.

In der Altenburg bei Weiler, in der einstens "Zwingherren" wohnten, war es früher nie recht geheuer, und man sah oft eine Frauengestalt nächtlich umwandeln. Da man immer sagte, in dem Schlosse liege ein Schatz verborgen, so glaubten viele, die Frau müsse den Schatz hüten. Als einmal abends die alte Rotin da vorbeiging, kam eine Frau mit einem Rechen auf den Schultern aus dem Gemäuer heraus und zu ihr her und bat sie inständig, sie möchte doch mit ihr in das Schloß gehen, es werde ihr nichts geschehen. Zwar werde wohl ein großer Pudel kommen mit einem Schlüssel im Maul und werde sie schrecken wollen. Allein sie solle ihm nur herzhaft den Schlüssel entreißen, und dann könne sie damit eine Geldtruhe öffnen und von dem Schatze nehmen, soviel sie wolle. Sie selbst aber werde dadurch erlöst. Da sah die Rotin, daß die Frau niemand anders sei als die Burgfrau, von der man immer sagte, und sie geriet in große Furcht und Angst und floh. Die Burgfrau aber wurde gar traurig und weinte und schritt betrübt wieder zum Schlosse, wo sie verschwand.



Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 259, S. 267f.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.