178. Der Schlangenbeschwörer.

In der Nickenalpe im Hintersteiner Tale gab es ehedem so viele Ottern, daß man dort sich nicht mehr aufhalten konnte und mit der Herde abziehen mußte. Da ließ man einen Schlangenbeschwörer aus Tirol kommen, und der versprach auch, die Alpe von dem Ungeziefer zu befreien, wenn nur keine weiße Otter dabei sei. Man versicherte, ihm nun, man habe eine solche niemals in der Gegend gesehen, und so machte sich der Mann an die Beschwörung. Er zündete ein großes Feuer an, nahm dann eine Pfeife heraus und fing an darauf aufzuspielen. Da kamen von allen Seiten die Schlangen zu Hunderten und Hunderten herbei, und alle stürzten sich in das Feuer, wo sie verbrannten. Zuletzt aber erschien eine weiße, bei dessen Anblick das Männlein zu Tode erschrak und mit Pfeifen innehielt. Die weiße Schlange kam in Lüften mit schrillem Pfiff auf ihn zugefahren und durchbohrte ihm nun die Brust.

Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 178, S. 186 - 187.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, März 2005.