288. Der Schmied von Hechelbach.

Der Schmied von Hechelbach war stets guter Dinge und voller List und Einfälle, führte aber sonst nicht den besten Lebenswandel. Da geschah es, daß er starb und im Jenseits an der Himmelspforte um Einlaß klopfte. "Wer bist du?" sprach Petrus, der Himmelspförtner. "Der Schmied von Hechelbach, und bitte jetzt um Einlaß in den Himmel." Da schlug Petrus ein großes Buch, in dem alle Handlungen der Menschen verzeichnet stehen, auf; aber je länger er las, desto mehr schüttelte er den Kopf und sprach zuletzt: "Fort mit dir, für Leute solchen Schlags gibt es im Himmel keinen Platz!" Aber der Schmied war zeitlebens keiner von denen, die sich gleich abweisen lassen, wenn sie etwas begehren, und so hatte er auch hier gleich eine List im Hinterhalt. Er stellte sich gar einfältig und gutmütig, gab dem Petrus gar gute Worte und sagte zuletzt, wenn er für die guten Handlungen in seinem Leben doch wenigstens auf einen Augenblick durch die Türlucke hineinblicken dürfte, und weil er gar so harmlos flehte, so wollte Petrus auch kein Unmann sein und gestattete es. Kaum hatte er aber die Tür ein wenig geöffnet, so warf der Schmied flink sein Käpplein, das er in Händen hatte, durch die Lücke hinein in den Himmelssaal stellte sich aber so, als wäre sie ihm unversehens und vor lauter Staunen über die himmlische Pracht entfallen, worüber er sehr zu jammern anfing und flehte, ob er sie nicht schnell wieder holen dürfe, was ihm Petrus erlaubte. Wie nun aber der schlaue Schmied zur Türlucke hineingeschlüpft war, setzte er sich auf sein Käpplein und sprach:

"Jetzt sitz i auf mei'm Guet,
Will seah', wer weg mi tuet."

Im Himmel herrscht aber kein Streit und Zank und auch keine Gewalttätigkeit, und weil ohne solche der Schmied nicht mehr wäre weiter zu bringen gewesen, er auch auf seinem Eigentum saß, so konnte Petrus nicht anders als ob der List lachen und ihn auf seinem Platze belassen.


Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 288, S. 297f.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Franziska Meister, Februar 2005.