Die glühenden Pfennige
Als der Dom zu Bamberg aufgerichtet ward, ließ die Kaiserin Kunigunde nicht jedem Arbeiter am Abend seinen Lohn reichen, wie es Sitte war, sondern sie gab ihrem Schaffner eine Schüssel mit Silberpfennigen und hieß sie in dem Gebäu aufstellen; daraus nahm sich jeder so viel mit ihm ausbedungen war. Aber nicht lange, so kam der Schaffner mit der leeren Schüssel und klagte, es müsse ein Dieb unter dem Bauvolk sein, denn das Geld wolle nicht zureichen. Die Kaiserin befahl dem Schaffner, ihr Gut, das sie zu des Herren Ehre gebe, mit wachsamen Augen zu betreuen; aber es wollte nicht helfen und die Kaiserin begann schon an ihrem Diener irre zu werden.
Da trug sie einmal zu Feierabend die Schale selbst auf den Bau und stellte
sich unter das große Tor und die Bauleute kamen vorbei, bogen das
Knie vor der hohen Frau, nahmen ihren Pfennig und gingen hinweg. Nun trat
auch einer heran, der tat sehr demütig, neigte sich dreimal gegen
die Kaiserin und küsste den Saum ihres Gewandes, eh er in die Schüssel
griff. Aber kaum hatten seine Finger das Geld berührt, schrie er
laut auf und warf die Hand weit von sich, als ob er etwas Schmerzliches
fortschleudern wolle. Da fielen drei blanke Pfennige in den Sand, die
hatten ihm blutige Brandmale in die Hand gedrückt und er musste die
rotglühenden Zeichen seiner Schande tragen bis an seinen Tod. So
ward der Dieb entdeckt, weil vor den Heiligen Gottes nichts Gemeines oder
Unreines bestehen kann.
Quelle: Andreas Haupt, Die schönsten Bamberger
Sagen und Legenden, Bamberg 1877, neu herausgegeben von Gerhard Krischker
2002, S. 74 - 76.