Die Wäscherin an der Kreden.
Nach A. Haupt's Bamberger Legenden und Sagen S. 78.
Kunigundis bewahrte auch im Ehestande ihr Jungfrauthum. Das verdroß aber den Bösen und er wußte der frommen Frau mit allerhand Listen Nachstellungen zu bereiten. So geschah es, daß verläumderische Zungen das Gerücht in Umlauf setzten, die Kaiserin, welche ihrem Gatten gegenüber die reine spiele, unterhalte insgeheim ein unerlaubtes Verhältniß mit einem Ritter. Diese schändliche Nachrede konnte nicht lange verborgen bleiben, endlich kam sie sogar zu den Ohren der Verläumdeten. Aber die edle Fürstin ereiferte sich mit nichten darüber, sondern ertrug solche Prüfung mit wahrer Geduld und Sanftmüthigkeit. Eines Tages ging sie mit ihrer Kammerzofe von dem Domberge hinab gegen den Fluß spazieren. Es war ein schöner Sommertag, und der blaue Himmel spiegelte sich gar herrlich in dem Strome, der wie ein Silberstreifen weithin durch grüne Auen dahin zog. Die Fürstin erfreute sich des schönen Anblicks und blieb ein Weilchen auf der Brücke stehen, die den Namen "an der Kreden" führt, um das liebliche Bild noch länger zu betrachten. Nun waren ganz nahe der Brücke so eben Wäscherinnen beschäftigt, ihre Wäsche an den Büschen am Ufer aufzuhängen. Als diese die Fürstin stehen sahen, fingen sie an, einander in die Ohren zu plauschen, auch wohl lächelnd mit den Fingern auf die Kaiserin hinzudeuten; ja eine von ihnen flüsterte ihrer Nachbarin zu: "Sieh'st die Ehbrecherin?" Kaum war dieses Frevelwort erklungen, als die heilige Frau, die es vernommen hatte, erblaßte und eine Thräne im Auge ihrer Zofe winkte, umzukehren. Als sie zurück in die Burg gekommen, ließ sie den Schaffner rufen, befahl diesem sogleich, einen Korb mit Brod und etlichen Krügen Weines zu füllen und den Wäscherinnen an der Brücke mit den Worten zu überbringen: "Von der Ehebrecherin." Wie erstaunten aber die Mägde, als der Schaffner seine Gaben aus dem Korbe hervorlangte und ihnen den Gruß der Kaiserin überbrachte. Beschämt und dankend nahmen sie Brod und Wein, und auch diejenige, welche das Lästerwort gesprochen, war nicht faul, ein Krüglein anzusetzen, aber o Wunder! während die andere den besten Wein verkosteten, ergoß sich das reinste Wasser in ihre Kehle. Noch mehr: als sie nach dem Brode langte, um ein Stücklein davon abzuschneiden, hatte sie Stein in den Händen. So geschah es damals zur Reinigung der Heiligen und so hat es die Sage bis auf diesen Tag aus dem Munde des Volkes berichtet.
Quelle: Alexander Schöppner, Bayrische Sagen,
Sagenbuch der Bayerischen Lande, Band 3, München 1854, Nr. 1047