Das Metzgerkreuz an der Trißlstraße
Östlich der Straße nach Bad Trißl, wo heute Wohn- und Ferienhäuser stehen, war früher alles Viehweide. Etwa beim heutigen Hallenbad stießen zwei Weideflächen aneinander, die zwei verschiedenen Bauern gehörten. Direkt an der Grundstücksgrenze aber stand ein Baum mit mächtig ausladender Krone. Dieser war dem einen Bauern schon immer ein Dorn im Auge, denn er meinte, der Schatten des Nachbarbaumes beeinträchtige den Graswuchs auf seiner Wiese. Immer wieder hatte er den Nachbarn aufgefordert, den Baum umzuschneiden. Aber der Dickkopftat ihm den Gefallen nicht. So kam es zu erbitterten Streitereien und es wurde eine Familienfehde daraus.
Als nun der eine der beiden Streithähne gestorben war, ging der andere ihm nicht einmal auf die Beerdigung. Aber die Kinder des Verstorbenen hackten endlich den Baum um, der soviel Zwietracht über ihre Väter gebracht hatte, damit Friede werden sollte zwischen den Familien.
Wo der Baum gestanden war, dorthin aber mußte nun die Seele des
verstorbenen Streithansels immer wieder zurückkehren. Als bläuliches
Licht umkreiste sie in vielen Nächten den früheren Platz des
Grenzbaumes. Zur Sühne für die arme Seele, die keine Ruhe hatte
finden können, ließen dann die Angehörigen das Kreuz errichten,
das an der Straßenkurve zur rechten Hand steht, kurz bevor man vom
Dorf aus zum Hallenbad kommt. Seither ist das Lichtlein nicht mehr erschienen.
Der Verstorbene hat also seine ewige Ruhe gefunden.
Quelle: Einmayr Max, Inntaler Sagen, Sagen und Geschichten aus dem Inntal zwischen Kaisergebirge und Wasserburg, Oberaudorf 1988, S. 47