Der heilige Baum auf dem Höhenberg
Auf dem Kalvarienberg zu Tölz, bei 250 Schritte hinter der Leonhardikapelle, wo das Pfannholz bis an die Leite herankommt, stand einst der heilige Baum, eine mächtig starke Tanne, wie es heute wenig mehr gibt. Seit uralten Zeiten wallfahrtete das Volk zu ihm und so war es kein Wunder, daß er bis auf Menschengedenken über und über mit Bildern und Verlöbnistafeln behängt war. Damals stand die Kapelle noch nicht. Wenn der Leonharditag anging, kamen die Bürgerssöhne von Tölz herauf, ritten dreimal um den Baum und dann sprengten sie wieder hinab in den Markt.
Zuletzt wurde der Baum von einem Blitzstrahl getroffen und ein Mann, der gerade unter ihm lag, erschlagen. Und weil nun der Stamm abdorrte, hat man ihn zu Anfang des vorigen Jahrhunderts umgesägt und den Wurzelstock ausgegraben. Ein Mann, dem der Verlust besonders zu Herzen ging, hat einen seltsam gekröpften, behauenen Stein an die Stelle setzen und darein die Buchstaben F. H. meißeln lassen.
Quelle: Sagen aus dem Isarwinkel, Willibald Schmidt, Bad Tölz, 1936, 1979;