Der Schatz im hohen Bichl
Nicht weit vom Kirchberg zu Bichl liegt ein anderer Bühel, "der hohe Bichl" genannt. Darauf hat einst ein Schloß gestanden. Von dem ist nichts mehr übrig, aber daß es dort unter der Erde noch geheime Dinge gibt, das wissen viele Leute. Bloß sind sie sich nicht recht einig, was es ist. Die einen meinen, daß eine Goldader durch den hohen Bichl zieht; die anderen schwören darauf, daß eine eiserne Geldtruhe hergehen muß, wenn man weit und tief genug hineinkommt. Bis jetzt ist es noch keinem Menschen gelungen.
Aber der Schmiedhanslbauer ist am hellen Tag einmal dort eingeschlafen. Da hat ihn im schönsten Schnarchen ein fürchterliches Sausen und Brausen geweckt, wie wenn ein schweres Wetter niedergeht. Und wie er die Augen aufreißt, da steht vor ihm ein fremder Mann in einem Samtgewand und auf jeder Seite von ihm steht ein voller Geldsack. In seinem Schrecken ist der Schmiedhanslbauer heimgelaufen und hat sich erst wieder mit anderen Leuten hinausgetraut. Aber da haben sie nichts mehr gefunden als Haderlumpen.
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Vor bald fünfzig Jahren hat man der Steigenbergerin, der damaligen
Besitzerin des Grundes, vorgemacht, daß ihr verstorbener Vater dort
als Geist umgeht. Tapfer ist sie auch in einer Nacht hinausgegangen und
hat ihn beim zwölften Glockenschlag zweimal bei seinem Namen gerufen,
ist auch bis zum Taganläuten geblieben, um den Vater zu erlösen.
Es hat sich aber nichts gezeigt.
Quelle: Sagen aus dem Isarwinkel, Willibald Schmidt, Bad Tölz, 1936, 1979;