Die Heunen in der Miltenberger Gegend
Es gab eine Zeit - freilich ist's schon lange her - da wohnten auf den Höhen bei Miltenberg gewaltige Riesen. Die hatten vor, eine Brücke über den Main zu bauen; sie brachen aus dem Felsgestein der Berge mächtige Blöcke und formten sie zu langen Säulen. Der Brückenbau durch die Riesen kam aber nicht zustande, doch blieben auf dem Heunberge bei Bullau etliche Säulen liegen, die zum Bau der Mainbrücke Verwendung finden sollten, und man nennt sie allgemein die Hünen- oder Heunensäulen. An einigen derselben sind noch die Spuren der Handgriffe zu sehen, die beim Umwenden der Steinkolosse entstanden. Vier davon zeigen Beschriftungen, es vermag sie aber niemand zu deuten.
Auf dem "Heunenberg", der teilweise noch zur Gemarkung Eichenbühl gehört, wohnten gleichfalls Riesen. Manchmal riefen diese ihren Freunden auf den Bergen der anderen Mainseite zu, und das hallte dann schier wie Donner.
Die Riesen schleuderten auch ihre Werkzeuge über den Mainfluß
auf die jenseitigen Höhen. Da schwangen sie z. B. die Steinkeule
zweimal in der Hand hin und her, und mit dem dritten Schwunge - ho ruck
- warfen sie den Schlägel über den Fluß hinweg zu den
anderen Riesen. Gelt, das wird ihnen so leicht keiner nachtun! Ein alter
Waldschütz, namens Bilbert, der den Forstbezirk, in dem die Riesen
wohnten, zu beaufsichtigen hatte, konnte noch mancherlei von ihnen erzählen.
Freilich ist der Waldhüter jetzt schon lange tot.
Quelle: Spessart-Sagen,
Valentin Pfeifer, Aschaffenburg 1948, S. 140