VON DER ENTSTEHUNG DER WALLFAHRTSKIRCHE OSTERBRÜNNL

Am Nachmittage des Ostersonntags 1660 sah der Viehhirte des Bruckhofbauern, als er wie gewöhnlich seine Herde überwachte, in der Teisnach ein liebliches Muttergottesbild auf dem Wasser daherschwimmen. Er stülpte die Hose auf und watete nach dem Bilde. Zu seiner größten Verwunderung aber konnte er es nicht erreichen; denn sobald er es anfassen wollte, glitt es ihm unter der Hand fort, tauchte aber alsbald in der Nähe wieder auf, ohne jedoch weiter talabwärts zu schwimmen. Nach langem, vergeblichen Bemühen lief der Hirte nach dem Bruckhofe und erzählte den sonderbaren Vorfall seinem Dienstherrn. Dieser ging sogleich mit ihm und was vorher einem nicht gelang, das brachten jetzt auch beide nicht zuwege. Da dachte der Bruckhofer an den Pfarrer und holte ihn. Der konnte das Bild ohne besondere Mühe aus den Fluten holen und wollte es nun nach der Pfarrkirche tragen. Als er jedoch an die Stelle kam, wo heute das Kirchlein Osterbrünnl steht, wurde das Bild mit einemmal so schwer, daß es ihm unmöglich wurde, es weiter zu tragen. Daher lehnte er es an einen Erlenstamm am Wege. O Wunder! kaum hatte das Bild den Boden berührt, sprang eine murmelnde Quelle daraus hervor. Daran erkannte der Pfarrer, daß es der Wunsch der Gottesmutter sei, hier ein Heim zu besitzen und er hängte daher das Bild an die Erle. Der Bruckhofer errichtete alsbald eine hübsche Holzkapelle, die später, nachdem sie morsch geworden war, aus Stein erbaut wurde. Noch heute befindet sich dort jenes Bild der Gottesmutter, das einst auf dem Wasser herabschwamm. Es hat seither schon vielen Unglücklichen Trost gespendet und Hilfe gebracht.

Michael Waltinger, Niederbayerische Sagen