Die Kohlhaasen-Brücke.
Kohlhaasen-Brücke, eine kleine über die in den Gräbnitzsee fallende Bach oder Tolle gehende Brücke, hat ihren Namen von Hans Kohlhaas, einem angesehenen Bürger aus Kölln-Berlin, der besonders mit Vieh und Pferden handelte. Da ihm um 1530 bei seinem Handelsstreit über Pferde mit einem sächsischen Edelmann der Churfürst von Sachsen seiner Meinung nach nicht Recht hatte widerfahren lassen, so entsagte er, nach damaligem Gebrauch, dem Churfürsten durch einen Fehdebrief und griff die sächsischen Unterthanen an, nahm sonderlich einen Seidenkrämer Georg Reiche gefangen und hielt ihn fest in seinem Hause an der krummen Spree, auf dem köpenickschen Werder. Er machte sich so furchtbar, daß der Churfürst von Sachsen zu Jüterbogk einen Tag ansetzte und seine Räthe dahin absandte, um sich mit Kohlhaas zu vertragen, der auf diesen Tag mit zwanzig Pferden erschien und den Vertrag schloß. Da aber die Sachsen denselben, wie er sagte, nicht hielten, so entsagte er dem Churfürsten aufs neue und obgleich Doctor Luther an Kohlhaas schrieb, ihn abzumahnen, so that er den Sachsen vielen Schaden, plünderte viele Dörfer an der Grenze und verbrannte das Städtchen Zahne im Churkreise.
Der Churfürst von Brandenburg, Joachim II., und der Erzbischof von Magdeburg gaben ihm hierbei Schutz und sicheres Geleite. Endlich brachte es der Churfürst von Sachsen dahin, daß dieser aufgehoben wurde. Dafür beraubte nun Kohlhaas den brandenburgischen Factor Konrad Draziger der Silberkuchen, die er im Mannsfelde und Stolbergischen für den Churfürsten gekauft hatte, nicht um dies Silber zu behalten, sondern seinen Landesherrn zu zwingen, ihm wieder Schutz zu geben. Er versenkte es daher unter der Brücke, die seitdem seinen Namen erhalten hat, in die Bach. Der darüber äußerst entrüstete Churfürst befahl Meister Hannsen, dem Scharfrichter, einem ausbündigen Schwarzkünstler, Kohlhaas mit seiner Gesellschaft nach Berlin zu zaubern. Kohlhaas ließ sich wirklich in Berlin betreten und ward auf dem Nicolaikirchhof beim Küster gefangen genommen.
Am Montage nach Palmarum 1540 ward ein Gerichtstag angesetzt, wo ihn der Churfürst durch seinen Anwalt anklagte, und Kohlhaas sich drei Stunden lang mit großer Beredtsamkeit und allgemeinem Beifall vertheidigte. Weil aber der Churfürst sehr erbittert war, ward Kohlhaas zum Rade verdammt. Der Körper blutete viele Tage, welches man damals für ein Zeichen der Unschuld hielt, und den Churfürsten soll nachher das Urtheil sehr gereuet haben.
Quelle: Grässe, Johann Georg Theodor, Sagenbuch
des Preußischen Staates, Glogau, 1868/71, S. 127.