Die Plaggenstecher.
Ein Bauersmann aus Ritterhude war nach der Haide gewesen, um Plaggen zu stechen, und als er sich mit Dunkelwerden zur Heimkehr anschickte, gesellte sich ein alter Mann zu ihm, der desselben Weges mußte. Sie hatten noch ein Paar gute Stunden zurückzulegen, ehe sie zu Hause kamen, und der Bauer beklagte sich gegen den Alten über große Ermattung, und meinte, die Zeit würde ihm diesen Abend lange dauern, ehe er heimkäme.
"Was soll ich denn sagen, wenn Ihr klagen wollt?" erwiderte der Andere. "Ich habe eben so angestrengt gearbeitet wie Ihr, und ich bin ein hochbetagter Mann; Ihr habt noch junge Beine. Aber ich will mir das Ding bequemer machen und wette, daß ich gemächlicher zu Hause kommen werde als Ihr."
Damit war der Alte den Augen des Bauern entschwunden; dieser spürte, daß es sich um seinen Rücken legte, wie ein Mehlsack, und fest an seine Rippen klammerte; und es trieb ihn von dannen, er mochte wollen oder nicht. Keuchend und stöhnend schleppte er sich vorwärts.
Endlich war er vor dem Dorfe, und jetzt schauderte es und schüttelte sich auf dem Rücken; die Last glitt herunter, und der Alte schritt wieder neben ihm her, als ob nichts vorgefallen wäre.
"Ei der Teufel, also Du bist es, den ich habe schleppen müssen!"
fluchte der Bauer. Aber er hatte noch nicht vollendet, als er eine tüchtige
Ohrfeige erhielt und sich vergebens nach seinem Begleiter umsah. Da fiel
es ihm ein, wie er schon oftmals gehört, daß man den Alten
nicht für gut hielte.
Quelle: Friedrich Wagenfeld, Bremen's Volkssagen, Bremen 1845, Zweiter Band, Nr. 10