Vom ältesten Rathhause und vom Junker
Blomendal.
(1292.)
Im Jahre 1292 erhielt
Hamburg von den Grafen Adolf, Gerhard johann und Heinrich nicht nur die
volle Bestätigung aller von deren Vorfahren und von den Kaisern erlangten
Freiheiten und Privilegien, sondern auch eine Bestätigung und Erweiterung
des freistädtischen Rechtes der Köre, d. h. der eigenen Gesetzgebung
durch Erlaß von Statuten und Edicten aller Art.
Die Hamburger machten auch sogleich Gebrauch davon, erließen ein
Stadtrecht und gaben allerlei neue Verordnungen, die das Regiment im Innern
betrafen.
Darunter war besonders
wichtig: die Aufhebung der Eintheilung in Alt- und Neustadt, deren jede
ein eigenes Rathhaus und auch ihr eigenes Recht und Gericht hatte. Und
um der leidigen Eifersucht vorzubeugen, sollten sogar die Namen Alt- und
Neustadt aufhören. Die trennenden Befestigungen und Grenzzeichen
wurden also niedergerissen, und gab es hinfort nur eine
einige Stadt Hamburg.
Wieder eine Folge
davon war's, daß die beiden Rathhäuser eingehen mußten,
und da das der Neustadt, welches vermuthlich am Hopfenmarkt bei der Görttwiete
lag, so wenig wie das der Altstadt am Fischmarkt, im Mittelpunkt der vereinigten
Stadt belegen war, so baute man ein neues an der Trostbrücke (das
bis 1842 gestanden hat). Und der Rath der Altstadt, welcher sich mit dem
der Neustadt vereinigte, um hinfort nur einen
Rath in Hamburg zu bilden, verließ seine alte Residenz, die von
da an leer stand und zu andern Zwecken gebraucht werden sollte.
Nun heißt es,
und eine Urkunde bestätigt es, daß damals, als das alte Rathhaus
am Fischmarkt leer stand, der Junker Arnold oder Arend Blomendal ein Auge
darauf warf und es ihm wohlgefiel; bat also seine Herren, die Grafen von
Holstein, daß sie ihm dasselbe einthun möchten, er wolle ein
Schloß daraus bauen, das er von ihnen zu Lehen tragen könnte.
Die Grafen bedachten nicht erst lange, wie die Sache beschaffen war',
und sagten dem Junker sein Ansuchen zu. Allein die Bürger gestunden
den Grafen keine Gerechtsame zu an dem Hause, und da diese einsahen, daß
die Hamburger im Rechte waren, selbe aber um keinen Preis der Welt ein
Herrenhaus, Schloß oder gar eine Burg inmitten der Stadt haben wollten,
so wurde aus Junker Blomendal's Absichten nichts. Freilich warf er deshalb
einen Zorn auf die Hamburger, sagte ihnen die Freundschaft ab und Fehde
an, raubte auch für etliche 1000 Mark Lübsch Güter und
Waaren, die Sache wurde aber gütlich ausgetragen. Und einer seines
Geschlechts stiftete, vielleicht zur Sühne, eine Memorie in der St.
Georgs-Kirche, die noch 1522 begangen wurde.
Es heißt ferner,
daß alle Nachkommen dieses Junker Blomendals, die im Bremischen
wie im Lüneburgischen seßhaft gewesen und nachmals ihren Namen
Hochdeutsch geschrieben, immerdar des Urahns Gelüste geerbt, und
ein gutes Auge auf das Hamburger Rathhaus gehabt haben. Und nach vielen
hundert Jahren hat ein gelahrter verdienstvoller Herr dieses Namens einen
Ehrenplatz in demselben, nämlich in der Rathsstube, erlangt. Es hat
also der vorausstrebende Geist des alten Junker Arend nunmehr wohl Ruhe.
Quelle: Otto Beneke, Hamburgische Geschichten
und Sagen, Hamburg 1886. Nr. 33