Der Tag von Bornhövede, Adolfs Gelöbniß
und Sieg.
(1227.)
Der Dänenkönig
Waldemar, der um diese Zeit gegen schwere Bedingungen seiner Haft entlassen
wurde, wußte sich anders mit seinem Eide und Gewissen abzufinden,
als Adolf III. Er überzog aufs Neue das Land mit Krieg, die Schmach
zu tilgen, das Verlorene wieder zu gewinnen. Mit ihm war sein Neffe, Herzog
Otto von Braunschweig, zubenannt das Kind, Heinrich's des Löwen Enkel.
Es war ein verzweifelter Krieg, und Nordalbingien stand in Gefahr, dauernd
unter die Dänenherrschaft zu kommen. Zum Kampfe gab Hamburg dem Grafen
Adolf an 20,000 Mark Silbers und daneben stellte sich ihm freiwillig eine
Schaar junger Bürger. Lübeck schüttelte grade damals (1226)
so klug wie muthig das Dänenjoch ab und verband sich mit dem Grafen,
dem auch der Herzog Albert von Sachsen zu Hülfe zog. Es war dennoch
ein kleines Heer gegen die Dänische Uebermacht.
Auf der weiten Ebene
an der alten Grenze zwischen dem eigentlichen Holstein und Wagrien, unweit
der Landstraße nach Neumünster, da, wo ein kleiner Bach als
Born entspringt und sich bald darauf in die Swentine ergießt, liegen
einige Höfe,
die man das Dorf Bornhövede
nennt. Hier kam es am Tage der heiligen Maria Magdalena, den 22. Juli
1227, zur großen Entscheidungs-Schlacht. Der Dänen Heer war
dreifach aufgestellt, rechts stand Otto mit seinen Truppen, links Herzog
Abel von Schleswig, des Königs Bruder, das Mitteltreffen befehligte
der stolze König Waldemar selbst. Hinterwärts standen die zu
diesem Kriegszuge halb gedungenen, halb gezwungenen Dithmarsen. Adolf's
Heer war ähnlich gestellt: Herzog Albert stand dem Herzog Otto gegenüber,
wie Heinrich von Schwerin und die Lübecker unter ihrem tapfern Bürgermeister
Alexander von Soltwedel, dem Herzog Abel. Im Mitteltreffen hielt Adolf
mit seinen Holsteinern und Hamburgern, so wie mit 300 erlesenen Reitern,
die Kaiser Friedrich II. ihm geschickt hatte. Hinterwärts hielten
noch die Völker des Bremischen Erzbischofs Gerhard und des Wendenfürsten
Burwin. Nachdem zum Angriff geblasen war, stürzten beide Heere aufeinander,
und fochten so unerschrocken und ungestüm, daß trotz des entsetzlichsten
Blutbades stundenlang mit gleicher Beharrlichkeit standgehalten wurde.
Es wurde Mittag, und die heißen Sonnenstrahlen fielen Adolfs Kriegern
so brennend wie blendend ins Gesicht, zugleich trieb ein heftiger Wind
mächtige Staubwirbel ihnen entgegen, so daß ihnen der Kampf
unsäglich erschwert wurde. Trotz Adolfs Anfeuerungen und seines heldenmüthigen
Beispiels begannen seine Krieger zu ermüden, während die Dänen
immer frische Mannschaft ins Handgemenge schickten.
Seine Reihen lichteten
sich, viele Ritte, Knappen und Kriegsknechte lagen bereits erschlagen
auf der Wahlstatt, ein Fähnlein nach dem ändern wankte, ganze
Schaaren wichen vor dem ungestümen Andrang der Feinde zurück,
zum Widerstande nicht mehr fähig. Unerschrocken aber stellte Adolf
noch einmal die Schlachtordnung wieder her, dann, ehe er das Zeichen zum
erneuten Angriff gab, fiel er Angesichts des ganzen Heeres auf die Knie
und flehte im inbrünstigen Gebet zu Gott um Hülfe. Und je klarer
er das unermeßliche Gewicht dieser Schlacht erkannte, deren Verlust
das ganze Deutsche Land an der Nord- und Ostsee vielleicht für immer
dem Dänenthum überliefert hätte, je sicherer er fühlte,
daß die Hülfe allein noch bei Gott zu suchen sei, desto bereitwilliger
war sein edles Herz zu den größten eignen Opfern. Und im frommen
Glauben und Vertrauen auf Erhörung gelobte er auf dem Schlachtfelde,
wenn ihm Gott den Sieg verleihen würde, der heiligen Maria Magdalena
Kirche und Kloster in Hamburg zu erbauen; ja, er gelobte: aller weltlichen
Herrlichkeit zu entsagen und als Mönch sich gänzlich dem Dienste
des Herrn zu weihen. - Während dessen sollen auch Alexander von Soltwedel
und andere Herrfuhrer und manche Ritter und Knechte fromme Gelübde
gethan und sich durch das Gebet zum letzten Entscheidungskampfe gestärkt
haben. Und als das Heer - so heißt es - sich von Gebete erhub, da
sahen manche die heilige Maria Magdalena hoch am Himmel schweben, wie
sie als Botin Gottes segnend und verheißend auf den Grafen herabwinkte,
und vorüberziehende Wölkchen wie in einen dichten Vorhang oder
eine Schürze zusammenfaßte, womit sie die Sonne verhüllte.
Zugleich auch drehte sich urplötzlich der starke Wind völlig
um, und blies nun den Feinden die Staubwirbel ins Gesicht. Und mit freudiger
Zuversicht ob solcher Gnadenzeichen Gottes stürzte sich nun Adolf
mit seinem Heere wieder auf die Dänen, die dem gewaltigen Andränge
und der begeisterten Tapferkeit nicht zu widerstehen vermochten. Zugleich
auch fielen die Dithmarsen von ihrem verhaßten Kriegsherrn ab und
vereinigten sich mit den Holsteinern zu seiner Besiegung. Bald wankten
die Dänen auf allen Seiten, und in kurzer Zeit war ihre vollständige
Niederlage, sowie ein glorreicher Sieg Adolfs und seiner guten Sache entschieden.
Unzählige Feinde blieben auf dem Schlachtfelde. Viele retteten mühsam
Leben und Freiheit durch schleunigste Flucht, Herzog Otto und drei dänische
Bischöfe wurden gefangen. König Waldemar, durch den Pfeil eines
Holsteiners des Auges beraubt und bewußtlos zu Boden gesunken, wurde
nur durch die Lehnstreue eines Deutschen Reiters gerettet, der ihn vor
sich aufs Pferd nahm und nach Kiel mit ihm entkam.
Darnach hielt der
ritterliche fromme Sieger Adolf einen feierlichen Einzug in Hamburg, in
dessen Domkirche er öffentlich Gott die Ehre gab und seine Gelübde
erneuerte. Nicht nur das Marien-Magdalenen-Kloster hat er gestiftet, gebaut
und begabt, sondern auch das Johannis-Kloster und den Convent, und noch
viele andere Klöster, Kirchen und Kapellen im Lande Holstein. Aber
wegen seiner Jugend (noch nicht lange war er vermählt) und später
wegen der Kindheit seiner Söhne, der Erben seiner Lande, konnte er
den zweiten Theil seines Gelübdes nicht sogleich erfüllen. Er
hatte noch viel zu wirken, um den Frieden dauernd zu befestigen und das
Glück seiner Unterthanen zu sichern, ehe er daran denken durfte,
sich aller weltlicher Regimentssorgen zu entschlagen und das Klosterleben
zu wählen.
Sein Bild, wie er
als gebietender Herr im Fürstenmantel mit Ritterspornen, Schwert
und Wappenschild ausgesehen, hängt noch, von alter Meisterhand gemalt,
im großen Saale seines Marien-Magdalenen-Klosters in Hamburg.
Quelle: Otto Beneke, Hamburgische Geschichten
und Sagen, Hamburg 1886. Nr. 23