Der Fährkrug in Horn.
(Um 1000.)
Es heißt, daß
in jenen grauen Zeiten, da die Marschgegenden um Hamburg noch nicht eingedeicht
waren, die ganze Niederung des Elbthals zwischen den jenseitigen Hannoverschen
und den diesseitigen Geesthöfen, ein großer See gewesen ist,
daraus einzelne höher liegende Landstriche wie Inseln hervorgesehen
haben. Und zu allen Fluth- oder Hochwasser-Zeiten ist dann die ganze Fläche
überschwemmt und ein einziger Wasserspiegel gewesen.
Und weiter heißt es, daß in dem jetzigen Dorfe Horn, am Bauerberge,
hart an der Heerstraße, ein Fährhaus gewesen ist, von wo aus
man sich hat übersetzen lassen, wenn man ins jenseitige Land reisen
wollte.
Hernach, unter dem Erzbischof Friedrich und den ersten Schauenburgischen
Grafen von Holstein, kamen Niederländische und Friesländische
Anbauer ins Land, die es verstanden, dem Wasser, wie in ihrer Heimath,
Dämme entgegenzusetzen und Land abzugewinnen. Die deichten die Niederungen
gegen Elbe und Bille ein und schufen so die reichen schönen Marschen
der Vierlande, des Bill- und Ochsenwärders und des Hammerbrooks.
Da wurde freilich das Fährhaus überflüssig, aber es war
einmal da, und um den Fährmann, der nun erwerblos geworden war, zu
entschädigen, erhielt er die Schenk- und Krug-Gerechtigkeit, und
aus alter Gewohnheit behielt das Haus den Namen Fährkrug
oder Fährhuus.
Und länger als das Fährrecht hat sich das Krugrecht des Hauses
erhalten, denn es existirt noch heute bei dem übrigens schon manchmal
von Grund aus neu gebaueten Hause. Noch im 18. Jahrhundert ermahnte der
Abdecker vom Deichthore an bis zum letzten Heller, Haus bei Haus die Einwohner:
das etwa "antreibende"
todte Vieh ihm auszuliefern. Und noch vor wenigen Jahren, als das Haus
eingeäschert wurde, sprachen alte Leute in Hamm und Hörn zu
einander: "Dat Fährhuus
is afbrennt."
Quelle: Otto Beneke, Hamburgische Geschichten
und Sagen, Hamburg 1886. Nr. 7