Die blauen Süstern.
(1233.)
Ferner hat der fromme
Graf Adolf IV. eine neue Stiftung in Hamburg gemacht, den Convent für
zwanzig Nonnen vom Orden der Beguinen. Dazu schenkte er ein Haus und Grundstück
an der heutigen Steinstraße, und wies die nöthigen Einkünfte
in Ländereien vor dem Steinthore bis gen Hörn zum Unterhalte
derselben an. Seine Söhne, die Grafen Johann I. zu Kiel und Gerhard
I. zu Itzehoe, schenkten dem Convente 1255 einen schönen Apfelgarten,
den sie ihrem eigenen Hofe (dem später sogenannten Schauenburger
Hofe) abnahmen, worauf nach dem Willen der Schenker Freiwohnungen für
zehn arme Wittwen der Stiftung beigefügt wurden.
Die Klosterschwestern
des Convents nannte das Volk von der Farbe ihrer Ordenstracht die blauen
Süstern. Um 1360 müssen sie sich's zur Nachtzeit etwas bequem
gemacht haben, und nicht ohne einiges Geräusch und einzeln schlafen
gegangen sein, denn in einer Haus-Ordnung von diesem Jahre schrieb ihr
Oberherr, der Erzbischof Gottfried von Bremen, ausdrücklich vor:
daß sie ihr Ordenskleid beim Schlafengehen nicht ablegen, auch sich
einander durch Lärmen nicht beunruhigen, und alle zu gleicher Zeit
das Lager suchen sollten. Seitdem lebten sie unter ihrer Oberin oder Mesterin
still und fromm, und als die Reformation kam, widersetzten sie sich nicht,
weshalb ihre Stiftung nach Annahme der evangelischen Confession auch bestehen
geblieben ist bis auf den heutigen Tag, obschon, beim Verluste vieler
Güter, in verringerter Wirksamkeit; denn nur sieben Conventualinnen
giebt es noch, außer der Mesterin, welche früher ähnliche
Vorrechte besaß, wie die Domina zu St. Johann, nämlich im Leben
der Titel: "Ehrwürdige Jungfer", und als Leiche: einen
Sammet-Sarg mit silbernen Füßen.
Wenn vormals ein
armer Sünder zur Hinrichtung hinaus geführt wurde und durch
die Steinstraße kam, so erhielt er nach altem Gebrauch allemal beim
Convent von den blauen Süstern den letzten Labetrunk, den ihm sonst
die Ehrwürdige Mesterin an der Spitze ihrer Jungfrauen-Schaar, nachmals
einer der Rathsdiener mit einem aufrichtigen "helf Gott" überreichte.
Jetzt ist das Conventgebäude
in der Steinstraße verschwunden, der Platz (der St. Jacobi-Kirche
ungefähr gegenüber) mit Privathäusern bebaut, die Stiftung
aber hinausverlegt außerhalb des Lübschen Baumes, an der Straße
nach Wandsbeck.
Quelle: Otto Beneke, Hamburgische Geschichten
und Sagen, Hamburg 1886. Nr. 25