59. Michel und der Mond.
Einem Knechte ging es sehr schlecht, denn sein Herr war hart und grausam
und gönnte ihm kaum eine ruhige Stunde. Als ihn nun einst der Pastor
so traurig einhergehen sah, wollte er ihn trösten und sprach: "Nun
Michel, wenn du erst tot sein wirst und im Himmel bist bei den lieben
Engelein, dann wirst du dich auch nicht mehr so viel zu quälen brauchen,
wie hier auf Erden!"
"Jå, Herr Paster", antwortete da Michel, "dat säggen
sei sô. Wenn ik îrst dår bin, denn heit dat uk: "Michel,
gå hîr hen, Michel, gå dår hen, Michel, putz dê
Stîern un dê Mân!" un morgens möt ik dê
Sünn anstecken."
Wenn nun Halbmond ist, sagen die Leute: "Michel hät dê
Mân nich ganz putzt krêjen, dårum hängt hê'n
man half rût."
Mündlich aus Japenzin, Kreis Anklam.
Volkssagen aus Pommern und Rügen, Ulrich Jahn, Berlin 1889, Nr. 59