DER TOD STEHT GEVATTER

Ein armer Besenbinder, der mit Kindern schon reichlich genug gesegnet war, wurde von neuem in die Lage gebracht, ein Kindelbier auszurichten. Er machte sich deshalb auf den Weg, um die nötigen Gevattern für die Feierlichkeit zu laden.

Da begegnete ihm der liebe Gott und sprach: »Ich will der Pate deines Kindes werden!« Der Mann besann sich einen Augenblick, dann sprach er: »Nein, nein, du kannst nicht Gevatter stehen, du bist zu ungerecht. Dem einen giebst du auf der Erde soviel, daß er nicht weiß, wo er mit seinem Reichtum bleiben soll, dem ändern teilst du so wenig von irdischen Gütern mit, daß er des Hungers sterben muß!«

Kommt der Teufel daher und spricht: »Lieber Freund, ich werde die Patenstelle einneh-men.« - »Dich mag ich erst recht nicht«, versetzte der Besenbinder, »du bist noch viel ungerechter, als der liebe Gott. Dein ganzes Trachten geht darauf, mit Lug und Trug uns Menschen zu verderben und uns zu schaden. Geh' nur deines Weges weiter!«

Endlich erbot sich auch der Tod zur Gevatterschaft, und als der Besenbinder diesen sah und erkannte, rief er aus: »Du bist der Rechte, den ich suche. Du bist zwar ein strenger Richter, aber wenigstens gerecht und verschonst weder reich noch arm, weder vornehm noch gering.« So nahm der Tod bei des armen Mannes jüngstem Kinde die Patenstelle an.


Mündlich aus Kratzig, Kreis Fürstentum.

Quelle: Volkssagen aus Pommern und Rügen, Ulrich Jahn, Berlin 1889, Nr. 43