DER WAUR ODER WAUL
Im Greifswalder Kreise kennt man den wilden Jäger als Wäur, so um Neuenkirchen, oder als Wåul, wie zum Beispiel in Eldena. Auch hier erzählt man allgemein, er ziehe mit seinen Hunden unter gewaltigem Getöse durch die Lüfte und rufe dabei immerwährend: »Haltet den Mittelweg! Haltet den Mittelweg!«
Den Müller aus Steffenshagen verdroß der Lärm, und höhnend rief er von seiner Mühle aus dem wilden Jäger Scheltworte zu. Da warf ihm der Waur aus hoher Luft eine Menschenkeule herab und befahl ihm, dieselbe zu essen. Jetzt überkam den frechen Spötter Todesangst, er lief zum Pastor und fragte zitternd um Rat, wie er sich verhalten solle.
Der Pfarrer betete zuerst mit ihm gemeinschaftlich, darauf sprach er: »Geh nach Hause und warte geduldig ab, bis die wilde Jagd wieder vorbei zieht. Dann tritt heraus und rufe dem wilden Jäger zu, du wollest die Keule essen, falls er dir auch das Salz dazu gäbe.« Der Müller that, wie ihm geheißen war, und kaum hatte er seine Rede beendet, so nahm der Waur die Keule wieder zu sich; denn noch niemals hat man gehört, daß der wilde Jäger Salz bei sich fuhren darf.
Mündlich aus der Umgegend von Greifswald.
6 Gewöhnlich wird die Milchstraße in Pommern Wîldbån
genannt.
Quelle: Volkssagen aus Pommern und Rügen, Ulrich Jahn, Berlin 1889, Nr. 9