DER WOTK UND DIE HÜNE

Zu früheren Zeiten zog oft unter lautem Hundegebell die wilde Jagd durch die Luft. Der Jäger, der sie anführte, hieß dei Wôtk. Derselbe nahm alles, was auf unrechten Wegen war, mit sich, besonders aber verwünschte Wesen: die Hünen und die Unterirdischen.

So pflügte einmal ein Bauer dicht am Walde bei Kratzig, und eine Hüne war bei ihm, als plötzlich die wilde Jagd angezogen kam. Der Bauer ahnte noch gar nichts davon, doch die Hüne erkannte den Wotk schon von weitem und rief voller Angst dem Manne zu: »Stülp üm dîn Mull, ik war dî då wull vôa betåle!«

Der Bauer dachte bei sich: »Was kann dir dir wohl geben«, kippte aber doch seine Mulde um, unter der sie sofort verschwand. Gleich darauf zog denn auch der Wotk mit großem Getöse vorüber. Nach einer kleinen Weile kam die Hüne wiederum zum Vorschein und befahl dem Bauern, sie zu begleiten. Jetzt solle er seine Belohnung empfangen. Er mußte seinen Sack mitnehmen, und als sie in den Wald gekommen waren, füllte ihm die Hüne denselben ganz voll Häcksel.

Kaum war der Bauer aus dem Walde heraus, so schalt er über die ärmliche Belohnung und schüttete unwillig den Häcksel auf den Acker. Wie er nun in sein Haus trat, klingelte es im Sack, und als er nachsah, hatten sich die wenigen scharfen Stacheln, die in der Leinewand haften geblieben waren, in blanke Thaler verwandelt. Schnell rannte der Mann zurück auf des Feld, um auch das übrige zu holen, doch da war alles verschwunden.


Mündlich aus Kratzig, Kr. Fürstentum.

Quelle: Volkssagen aus Pommern und Rügen, Ulrich Jahn, Berlin 1889, Nr. 29