202. Die Klosterruine zu Eldena.
Von dem ehemaligen reichen Kloster und der Kirche zu Eldena sieht man
jetzt noch schöne Ruinen, die weit ins Land und in die See hineinschauen.
Unter der Ruine sollen noch allerlei Wunder in der Erde verborgen seyn.
Insbesondere soll ein großes, tiefes Gemach da seyn, zu welchem
ein finsterer Gang führt, den man aber jetzt nicht mehr kennt. In
dem Gemache steht ein Tisch, auf dem ein schwarzer Pudel liegt; neben
dem Tische steht eine große schwarze Kutsche. Diese wird von dem
Hunde bewacht. Was es sonst noch für eine Bedeutung hiermit hat,
weiß man nicht. Es wird aber, wie die Leute sagen, an den Tag kommen,
wenn der Schutt von der Ruine einmal ganz weggeräumt ist und man
dann den Gang zu dem Gemache wird wiedergefunden haben.
Vor ungefähr siebenzig oder achtzig Jahren kamen einst zwei Kapuziner
aus Rom nach Eldena; die fragten bei dem damaligen Landreuter nach einer
verborgenen Thür, welche in das alte Gemäuer unter der Ruine
führen sollte. Der Landreuter gab ihnen seinen Knecht mit, und weil
die Kapuziner genau die Gegend anzugeben wußten, wo die Thür
seyn solle, so fanden sie diese wirklich bald unter dem Schutte, den der
Knecht nach ihrer Anweisung auf die Seite schaffen mußte. So wie
die Kapuziner nun die Thür berührten, that sich diese von selbst
auf, und die Kapuziner mit dem Knechte traten durch dieselbe unten in
das Gemäuer. Hier kamen sie in mehrere Zimmer. In den ersten war
nichts zu sehen; zuletzt kamen sie aber in eins, in welchem viele Leute
am Schreiben saßen. Von diesen wurden sie wohl aufgenommen, und
dann wieder entlassen, nachdem die Kapuziner viel Heimliches mit ihnen
gesprochen hatten. Als der Knecht wieder an die Oberwelt kam, fand es
sich, daß er drei Jahre fortgewesen war.
Mündlich.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 202