193. Das Hühnengrab bei Nobbin.
Südöstlich von dem Dorfe Nobbin auf der Rügenschen Halbinsel
Wittow findet man auf dem hohen Ufer des Meeres ein längliches Viereck
von großen, hoch aufgerichteten Steinen. Dasselbe ist von Norden
nach Süden vier und vierzig Schritte lang, und am nördlichen
Ende zehn Schritte, am südlichen aber noch etwas mehr breit. Auf
der Ostseite ist es von achtzehn, auf der Westseite von zwei und zwanzig
großen Steinen eingefaßt. Auf der Südseite stehen zwar
nur zwei Steine, diese sind aber jeder sechs Fuß hoch, und stehen
mit ihren flachen Seiten einander zugekehrt. In der Mitte des Vierecks
liegen noch eine Menge anderer Steine. Die Leute in der Gegend nennen
diesen Steinhaufen das Hühnengrab. Sie sagen, daß darunter
ein vornehmer Heide mit vielen Schätzen begraben liege. Der Teufel
aber, der diese Schätze jetzt bewacht, leidet es nicht, daß
man an sie herankommt. Man darf nicht einmal den Acker in der Nähe
pflügen. Vor vielen Jahren waren einmal ein Paar Leute zu Nobbin,
die sahen in einer Nacht ein helles Feuer in der Mitte der Steine brennen.
Sie glaubten, daß sie den Schatz nur so heben könnten, und
fingen alsbald an zu graben; aber sie starben plötzlich noch in derselben
Nacht.
Zöllners Reise durch Pommern und Rügen, S. 296-298.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 193