206. Die drei Ringe zu Pansin.
Eine Meile von Stargard nach Osten hin liegt ein großes Dorf mit
einem alten und ansehnlichen Schlosse, Pansin geheißen. Dasselbe
gehörte früher dem Johanniterorden, wurde aber nachher ein Borksches
Lehn, und ist jetzt im Besitze der Familie von Puttkammer. Auf diesem
Schlosse lebte vor Zeiten ein Fräulein; der erschien in einer Nacht
ein Geist, der ihr gebot, aufzustehen, und ihm in die Kirche zu folgen.
Anfangs scheute das Fräulein sich, auf sein drittes Gebot gehorchte
sie ihm aber. Wie sie nun in die Kirche trat, da sah sie am Altare ein
Feuer brennen, und der Geist gebot ihr, daß sie zu demselben hingehen,
und ihre Schürze mit den glühenden Kohlen füllen solle;
er ermahnte sie dabei, daß sie beim Weggehen sich nicht umsehen
dürfe. Das Fräulein that zwar Anfangs, wie ihr geheißen
war; als sie aber zuletzt aus der Kirche herausging, da konnte sie nicht
widerstehen, sich noch einmal umzublicken. Allein auf einmal fielen alle
Kohlen auf die Erde und verlöschten; nur drei konnte sie geschwinde
aufgreifen. Als sie mit diesen in das Schloß zurückkam, da
waren es drei goldene Ringe. An diesen drei Ringen hängt seitdem
das Glück und Gedeihen der Familie, die das Schloß besitzt;
darum wurden sie mit großer Sorgfalt verwahrt. Dennoch ist einer
davon einmal verloren gegangen. Gleich darauf entstand im Dorfe eine schreckliche
Feuersbrunst, und das Schloß bekam einen großen Riß.
Man schickte die beiden anderen darauf in ein Kloster; zuletzt hat man
sie aber, damit sie gar nicht verloren gehen könnten, in dem Schlosse
eingemauert.
Man sagt, der Geist, den das Fräulein gesehen, solle einer von den
kleinen Unterirdischen gewesen seyn, deren es in der Wiese bei Pansin
zu vielen hunderten giebt. Andere meinen, das Fräulein habe gar keinen
Geist gesehen, aber es habe ihr in drei Nächten nacheinander geträumt,
daß sie so thun solle, wie sie nachher gethan hat; sie hätte
auch nicht in die Kirche gehen sollen, sondern auf die Wiese, in welcher
die Unterirdischen wohnen. Wie sie nun wieder zurückgegangen, da
habe sie auf einmal einen ganzen Haufen von diesen kleinen Männlein
gesehen. Darüber soll sie so erschrocken seyn, daß ihr alle
Kohlen, bis auf die drei, entfallen sind.
Mündlich.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J.
D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 206