123. Cösliner Sacksöfers.
Die Einwohner der Stadt Cöslin haben in früheren Zeiten mehrere
Spitznamen gehabt. So sagte man eine Zeitlang: Horsa Cöslin! weil
sie einmal gegen ihren Landesherrn, Bogislav X., zwar einen muthigen,
aber unbesonnenen Angriff gemacht hatten. Dann schimpfte man sie wieder
Musum Cöslin! oder Mus Cöslin, weil ihr Bürgermeister Heidenreich
ihnen den Rathsschatz mausete, und damit nach Lübeck entwich, der
Lübecker Rath aber den Schatz in Beschlag genommen und davon einen
festen Thurm gebaut hat, den man dort Musum Cöslin genannt. Zuletzt
gab man ihnen den Spottnamen: Sacksöfers, den sie behalten haben;
denn zur Zeit der Reformation lebte in Cöslin ein katholischer Barbier,
der hatte eines Tages etwas zu viel getrunken und drängte sich nun,
um den Gottesdienst zu stören, mit einem Glase Branntewein in der
Hand, und mit einer quakenden Ente unter dem Arm, in die Kirche hinein.
Darüber geriethen die Cösliner so in Eifer, daß sie ihn
in einen Sack näheten, und so lebendig ersäuften. Davon bekamen
sie den Namen. Man sagt hiervon auch: Cöslin darf eine Thorheit thun,
und darf sie auch bezahlen, denn der Eifer gegen den Barbier kostete ihnen
4000 Gulden.
Baltische Studien, III. 1. S. 237.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 123