196. Der Schatz im Hause Demmin.
Unter den Ruinen des Hauses Demmin liegen von alten Zeiten her noch viele
Schätze vergraben. Sie liegen aber sehr tief, so daß man in
einer Nacht nicht so viel graben kann, um bis zu ihnen zu gelangen. Deshalb
haben die Leute, die Anfangs viel nach ihnen gruben, zuletzt davon abstehen
müssen. Denn wenn sie bis zur zwölften Stunde der Nacht gegraben
hatten, so stürzte auf einmal Alles wieder zu, und ihre ganze Arbeit
war vergebens. Doch glaubt man, wenn der rechte Mann käme, so würde
der die Schätze wohl heben können. Bei denselben wacht übrigens
ein ganz schwarzer Hund.
Einem Knaben ist es einstmals geglückt, von den Schätzen etwas
zu bekommen. Er hatte auf der Ruine Ball gespielt, wobei ihm sein Ball
in eine Oeffnung des Gemäuers gefallen war. Um ihn wieder zu holen,
stieg er nach, und kam in ein großes dunkeles Gewölbe, wo er
eine halb offene Thür sah, durch welche Licht schimmerte. Der Knabe
ging dem Lichte nach, und trat in einen ungeheuren Saal, der voll der
reichsten Schätze lag. Davon steckte er sich geschwind seine beiden
Taschen voll, und ging zurück. Beim Zurückkehren sah er jetzt,
wie an der Thüre ein großer schwarzer Hund lag. Der Hund schlief
aber, und er kam glücklich an ihm vorbei, und wieder aus dem Gewölbe
heraus. Er lief mit seinen Schätzen nach Hause, und erzählte,
wie er dazu gekommen. Er hatte aber eine Stiefmutter, die hart und geizig
war. Die befahl ihm, daß er zur Ruine zurückkehren und sich
noch einmal seine Taschen voll holen solle. Das mußte der arme Knabe
thun, aber es hat ihn kein Mensch aus der Tiefe zurück kommen sehen.
Acten der Pomm. Gesellschaft für Geschichte.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J.
D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 196