162. Das versunkene Schloß bei Plathe.
Wenn man von Plathe nach Danzig geht, so sieht man nicht weit von der
ersteren Stadt, linker Hand am Wege, einen Hügel, der mit Strauchwerk
bewachsen und mit großen Steinen bedeckt ist. Hier soll ein Schloß
versunken seyn, auf dem früher grausame Ritter ihr Wesen getrieben
haben. Man hat davon noch jetzt einen Beweis. In der Nähe des Schlosses
hat nämlich noch ein anderes Schloß gelegen. Die Herren der
beiden Schlösser haben mit einander in Krieg gelebt, und der in dem
versunkenen Schloß hat die Tochter des anderen geraubt, und sie
einmauern lassen. Dieses Fräulein sieht man nun noch jede Nacht auf
jenem Hügel. Sie ist ganz weiß gekleidet, und hat ihre Haare
lang herunterhängen; so geht sie weinend zwischen den Steinen umher.
Vor mehreren Jahren hat hier auch einmal ein Tagelöhner einen Pferdefuß
mit einem goldenen Hufeisen gefunden. Der Mann ist aber von dem Augenblicke
an wie von einem bösen Geiste besessen gewesen, und bald darauf jämmerlich
gestorben.
Mündlich.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 162